Montag, 31. März 2014

[Rezension #17] Das Mädchen mit dem Haifischherz von Jenni Fagan

Kurzinformationen

Titel: Das Mädchen mit dem Haifischherz
Autor: Jenni Fagan
Seiten: 332 Seiten
Preis: 19,95€
Verlag: Kunstmann Verlag
ISBN: 978-3888979255


Klappentext

Anais Hendricks ist fünfzehn und sitzt auf dem Rücksitz eines Polizeiautos. Ihre Schuluniform ist blutverschmiert, und am anderen Ende der Stadt liegt eine Polizistin im Koma. Doch Anais kann sich da an nichts erinnern. Jetzt ist sie auf dem Weg ins Panoptikum, einer Besserungsanstalt für schwer erziehbare Jugendliche, die für das Waisenkind am Ende einer langen Kette von Heimen und Pflegefamilien steht.

Während Anais sich mit Mut und Fantasie durch ein Leben boxt, das ihr einen Schlag nach dem anderen versetzt, findet sie in den anderen Jugendlichen des Panoptikums fast so etwas wie eine Familie. Eine Familie, die sich ihre eigenen Mythen und Legenden schafft und deren Bande stärker sind als das System, aus dem es scheinbar kein Entkommen gibt. Es sei denn du hast ein Haifischherz und Freunde, die dir helfen, ihm zu folgen …


Meine Meinung

Am Anfang habe ich etwas ganz anderes von diesem Buch erwartet. Der Titel lässt einen irgendwas in Richtung Fantasy oder Steampunk erwarten, aber das ist es auf gar keinen Fall. Ich kann auch nicht genau sagen, in welchem Genre ich dieses Buch einordnen würde, aber es hat mich auf jeden Fall beeindruckt.

„Das Mädchen mit dem Haifischherz“ ist dabei aber auf keinen Fall etwas für jeden. Die Sprache ist teilweise sehr derbe, da es aus der Sicht von Anais Hendricks, dem Mädchen „mit dem Haifischherz“ erzählt wird.

Hier kommt, wovon du keine Ahnung hast – ich würde sterben für jemanden, den ich liebe; ich würde jeden fertigmachen, der ein Kind missbraucht oder einen älteren Menschen verarscht. Manchmal deale ich oder schlage Sachen kaputt oder prügle mich, aber ich bin ehrlich wie niemand, und das wirst du nie kapieren. Ich habe Bücher gelesen, die du nie aufschlagen würdest, habe zu Musik getanzt, die du nicht verstehst, und ich habe mehr Klasse und Mumm und Seele in meinem kleinen Finger, als du jemals in deinem ganzen armseligen kleinen Scheiß-Leben haben wirst.“ (S. 182)

Der Roman erzählt von einer Suche nach Identität, von einem Mädchen, deren Mutter niemand kennt und von der niemand weiß, wo sie abgeblieben ist – abgesehen von einem alten, schizophrenen Mann. Beeindruckt an diesem Roman ist die Tatsache, dass Anais ihm alles glaubt, was er ihr erzählt – weil sie es ähnlich erlebt hat und in dem geflügelten Steinlöwen vor den Türen des Panoptikums genau den sieht, der ihre Mutter aus den Fenstern einer Irrenanstalt getragen hat.
Auch die „Familie“ die Anais im Panoptikum findet, könnte kaum schöner und echter dargestellt sein. Obwohl jedes der Heimkinder mit anderen Problemen kämpft, sind sie, wenn es darauf ankommt, alle füreinander da.
Als Tash verschwindet – von einem Freier in einem gestohlenen Auto weggebracht, möglicherweise ermordet, sind alle da für ihre Freundin Isla.
Als diese in ein tiefes Loch fällt, nachdem sie ihre Zwillinge sehen konnte und wieder gehen lassen musste. Und als diese sich schließlich das Leben nimmt, weil sie ohne ihre Freundin keine Zukunft sieht, jemals ihre Kinder zurückzubekommen.
Es ist wirklich rührend, denn soviele Fehler Anais auch macht – sie prügelt sich, nimmt Drogen ohne Ende und kommt immer wieder mit dem Gesetz in Konflikt – sie hat ihre eigenen kleinen Regeln, setzt sich für Schwache ein und sie hat ihre Träume. Sie hat Paris.

Das ist wahr, Tote kommen nicht zurück, noch nicht einmal für eine Sekunde, nicht für ein Wort oder ein Flüstern oder eine ganz kurze Berührung. Sie gehen, und es wird kalt, und es bleibt kalt und daran ist nichts zu ändern.“ (S. 262)

Nachdem ich wirklich etwas ganz anderes erwartet hatte und beim ersten Durchblick auch erwartet hatte, dass es dank einer kleinen Schrift nur sehr langsam vonstatten gehen würde, hat mich dieser Roman wirklich eines besseren belehrt und tatsächlich ist nicht nur das Cover – das bereits viele Inhalte des Buches andeutet mit Pillen und einem kleinen Eiffelturm.
Das Mädchen mit dem Haifischherz“ erzählt von einem Teufelskreis, aus dem man alleine nur noch ganz schwer rauskommt und das ist nicht nur Fiktion, sondern auch in unserer Realität des öfteren zu beobachten. Jugendliche versauern regelrecht in Heimen, da die kleinen Kinder natürlich beliebter sind.
Natürlich lässt sich im Verlauf des Romans auch nicht leugnen, dass Anais selbst psychische Probleme hat, da sie felsenfest davon überzeugt ist, in einem Reagenzglas gezüchtet zu sein. Außerdem leidet sie unter Panikattacken und Paranoia, was sich darin äußert, dass sie immer wieder denkt „vom Experiment“ beobachtet zu werden. Darin zeigt sich für mich deutlich ein Grund für ihren Drogenkonsum.

In meinen Augen kann aus „Das Mädchen mit dem Haifischherz“ in einigen Jahren durchaus eine etablierte Schullektüre werden, da vieles darin nicht gestellt oder erfunden ist, sondern durchaus der Realität entspricht.
Das Buch bekommt von mir volle 5 von 5 Herzen, da es mich nicht nur unterhalten, sondern auch zum Nachdenken bringen konnte. Die Sprache würde ich andernfalls vielleicht als Manko werten, doch aus Anais Sicht wirkt es nur authentisch.


Vielen Dank an den Kunstmann Verlag für das Freiexemplar!

1 Kommentar:

  1. Hey du =)
    Ich lese das Buch auch gerade und habe bisher fast nur sehr kritische Meinungen zu dem Buch gelesen. Ich schätze das ist, wie du schon geschrieben hast, wieder einmal ein Problem mit den Erwartungen, die man im Vorfeld hat!
    Viele bemängeln auch die Ausdrucksweise, aber ich finde sie passend, es wirkt authentisch. Ich weiß noch nicht so ganz was ich von Anais halten soll. Manchmal hat sie echt kranke Vorstellungen, aber ihre Grundeinstellung gefällt mir gut und manchmal ist sie fast ein bisschen philosophisch.
    Ich finde deine Rezension absolut fantastisch! Ich glaube das Buch ist bei dir genauso angekommen wie es gemeint war =)

    LG
    Anja

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